Der Niedersächsische Landtagspräsident, Bernd Busemann (CDU MdL), hielt am 18. März beim Festakt zur Einweihung des Museums Friedland im Grenzdurchgangslager Friedland eine bemerkenswerte Rede, in der er sich ausdrücklich zum Asylrecht und zur Genfer Flüchtlingskonvention bekannte. Wörtlich erklärte er:
„Das individuelle Grundrecht auf Asyl in Artikel 16a GG und unsere Verpflichtung auf die Grundsätze der Genfer Flüchtlingskonvention gehören zu den großen humanitären Errungenschaften der Bundesrepublik. Sie sind nicht zuletzt Ausdruck der Rückkehr Deutschlands in den Kreis der zivilisierten und geachteten Völker.Beides sind keine Schönwetterparagrafen. Ihr Wert zeigt sich vielmehr gerade erst dann, wenn es schwieriger wird, sie mit Inhalt zu füllen. Das ist zurzeit ohne Zweifel der Fall. Und schon gibt es erstarkende politische Kräfte, die das Grundgesetz und die Flüchtlingskonvention schon beim ersten Windstoß über den Haufen werfen wollen. Das dürfen wir nicht zulassen.“
In Zeiten wie diesen, in denen das Non-Refoulement-Gebot der Genfer Flüchtlingskonvention massiv verletzt und Flüchtlinge ohne ein faires Asylverfahren in die Türkei abgeschoben werden, sind solche Stimmen wichtig. Denn offenkundig ist die deutsche Politik längst dabei, die Grundfesten des europäischen Flüchtlingsrechts in Frage zu stellen. Dass die Türkei kein „sicherer Drittstaat“ ist, weiß natürlich auch die Bundesregierung. Noch im Januar 2016 erklärte sie auf eine Anfrage der Linkspartei im Bundestag (BT-Drucksache 18/7323, Antwort zu Frage 28):
„…Die Türkei kommt für eine Einstufung als sicherer europäischer Drittstaat aus formellen Gründen aufgrund des in der Fragestellung angesprochenen geografischen Vorbehalts nicht in Betracht (vgl. Art. 39 Absatz 2 Buchstabe a) der Richtlinie 2013/032/EU)…“, (gemeint ist der geograpische Vorbehalt GFK bei Anwedung in der Türkei)
Dennoch werden deutsche Beamte nach Griechenland entsendet, um zu helfen, den offenkundig völkerrechtswidrige Abschiebungen in die Türkei ein rechtsförmiges Mäntelchen umzuhängen.
Derzeit steht die Menschenrechtslobby im Regen, die öffentliche Aufmerksamkeit hat sich deutlich verschoben in Richtung auf den Rechtspopulismus, deren Akteuren die Foren zunehmend geöffnet werden. Insofern gebührt Bernd Busemann Dank dafür, dass er die Flüchtlingsrechte hochhält. Wir brauchen Politiker:innen, die das tun, aber wir brauchen natürlich auch eine kritische Öffentlichkeit, die den Widerspruch zwischen dem Bekenntnis zum internationalen Flüchtlingsrecht und der konkret verfolgten Politik benennt und eine konsequente Menschenrechtspolitik einfordert. Der Sommer 2015 hat aller Welt verdeutlicht, wie breit der gesellschaftliche Konsens für eine offene und solidarische Flüchtlingspolitik auch in Deutschland sein kann. Eine Politik, die unter Hintanstellung von Menschenrechtsfragen alles daran setzt, die Flüchtlinge von den europäischen Grenzen fernzuhalten, schwächt diese Solidarität und das Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat.
Kai Weber
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