Bundesregierung setzt Asylrechtsverschärfungen im Eiltempo durch – zivilgesellschaftliche Partizipation am Gesetzgebungsverfahren scheinbar nicht erwünscht
Am Mittwoch, den 03.02.2016, will die Bundesregierung ihren Gesetzesentwurf zur Einführung beschleunigter Asylverfahren („Asylpaket II“) ins Bundeskabinett einbringen.
Die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF e.V.) kritisiert den Gesetzesentwurf und speziell auch das Vorgehen der Gesetzgebung. Der Entwurf enthält die gleichen Asylrechtsverschärfungen, wie sie im Entwurf vom 20.11.2015 vorgebracht wurden. Die Bundesregierung war offenbar nicht gewillt, die Kritik zu den erheblichen Verschärfungen – insbesondere auch für traumatisierte Flüchtlinge – wahrzunehmen, die zahlreiche Menschenrechtsorganisationen sowie die Ärzte- und Psychotherapeutenkammern bereits seit dem ersten Gesetzesentwurf im November 2015 vorbringen. Die Gesetzgeber beweisen zudem, dass ihnen an der zivilgesellschaftlichen Partizipation am Gesetzgebungsprozess wenig liegt – so wurden die Verbände erneut mit einer Frist von nicht einmal 8 Stunden um Stellungnahme gebeten. Innerhalb von 48 Stunden nach Verstreichen dieser Frist soll der Gesetzesentwurf bereits ins Bundeskabinett eingebracht werden. Hier besteht weder die Zeit, die Stellungnahmen in angemessener Weise zu fertigen, noch für die Gesetzgeber, die Stellungnahmen wahrzunehmen, geschweige denn Änderungen vornehmen zu können. Dies scheint bei dem nun übereilten Vorgehen aber auch nicht vorgesehen zu sein.
Der Gesetzesentwurf beschreibt die Einführung von beschleunigten Asylverfahren für Asylsuchende mit vermeintlich geringer Bleibeperspektive. Über die Asylanträge für bestimmte Gruppen von Geflüchteten soll innerhalb von einer Woche entschieden werden. Darunter fallen alle Menschen, die aus sicheren Herkunftsländern kommen, im Folgeverfahren sind oder ihre Papiere vernichtet haben sollen. „Insbesondere Asylsuchende, die durch Gewalterlebnisse in ihrem Herkunftsland psychisch schwer belastet sind, werden in Eilverfahren Probleme haben, ihre Bedarfe entsprechend vorzubringen“, sagt Elise Bittenbinder, Vorsitzende der BAfF e.V. „Gerade traumatisierte Geflüchtete können erlittene Menschenrechtsverletzungen oftmals nicht sofort so zusammenhängend und ohne Zeitsprünge vorbringen, wie das der Gesetzgeber von ihnen erwartet. Das braucht Schutz und Zeit, die in dem beschleunigten Verfahren nicht gegeben ist.“
Ist eine Behandlung im Heimatland möglich, darf auch bei schweren gesundheitlichen und psychischen Erkrankungen abgeschoben werden, wie etwa auch der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Dabei wird nicht überprüft, ob die Behandlung tatsächlich realistisch erreichbar und im Einzelfall zumutbar ist. Erkrankungen sollen zudem nur noch mit ärztlichem Attest und nicht durch psychologische Gutachten anerkannt werden. „Anstatt psychische Erkrankungen mit hoher Sorgfalt und von Fachleuten begutachten zu lassen, wälzt die Bundesregierung die eigene Überforderung auf die Schultern traumatisierter Geflüchteter ab, verkürzt die Zeit für die Einholung von Gutachten und erwehrt sich künftig schon präventiv jeglichem psychologischen und psychotherapeutischen Sachverstand“, kritisiert Bittenbinder. Dies widerspricht der geltenden Rechtsprechung: Psychologische PsychotherapeutInnen sind auch im Sozialgesetzbuch den FachärztInnen gleichgestellt und befähigt, psychische Erkrankungen zu diagnostizieren und entsprechende Gutachten zu verfassen. „Als besonders vulnerable Gruppe werden erkrankte und traumatisierte Geflüchtete durch das Eilverfahren und die Bestimmungen zur Aushöhlung qualifizierter Beurteilungen von Abschiebehindernissen zusätzlich systematisch benachteiligt“, sagt Elise Bittenbinder.
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