Flüchtlingsrat appelliert an Landesregierung, Familien aus Syrien und dem Irak die Aufnahme von Angehörigen in Niedersachsen wieder zu ermöglichen
Das Niedersächsische Landesaufnahmeprogramm für die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen durch hier lebende Verwandten ist seit Ende Juni 2015 ausgelaufen. Um eine Fortsetzung zu erreichen, gab die Landtagskommission zu Fragen der Migration und Teilhabe am 23.06.2015 auf Antrag des Flüchtlingsrats einstimmig (bei zwei Enthaltungen) die Empfehlung, das Aufnahmeprogramm bzgl. syrischer Flüchtlinge fortzusetzen und es auch auf die irakischen Flüchtlinge, die vom IS-Terror betroffen sind, zu erweitern (siehe Resolution der Kommission Migration und Teilhabe).
Die Landesregierung versprach, das Programm fortzusetzen, allerdings mit einer kurzen Unterbrechung, weil die kommunalen Spitzenverbände erneut angehört werden müssten. Später hieß es, die Fortsetzung des Programms scheitere noch an der fehlenden Zustimmung des Bundesinnenministers. Bis heute gibt es kein Anschlussprogramm des Landes Niedersachsen für die Aufnahme syrischer Flüchtlinge, was um so unverständlicher ist, als für die Unterbringung und Lebensunterhaltssicherung der Betroffenen die Familienangehörigen selbst sorgen müssen. Noch vor Jahresfrist war die Landesregierung stolz darauf, bei Aufnahmeprogrammen für Familienangehörige eine Vorreiterrolle einzunehmen. Es hat den Anschein, als wolle inzwischen niemand mehr im Innenministerium etwas davon wissen.
Mittlerweile haben andere Bundesländer das Programm mit entsprechender Modifizierung fortgeschrieben. Beispielsweise hat Hamburg sein Programm kürzlich mit einer großzügigen Stichtagsregelung für ein Jahr verlängert. Die Angehörigen von syrischen Flüchtlingen, die seit mindestens sechs Monaten in Hamburg und seit dem 30.11.2014 in Deutschland leben, können ihre Angehörigen unter der Voraussetzung der Abgabe einer Verpflichtungserklärung zu sich einladen. Auch das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern hat die Initiative ergriffen und im Rahmen einer Neuauflage des Aufnahmeprogramms die Dauer der Gültigkeit der Verpflichtungserklärung auf realistische fünf Jahre begrenzt. Das Aufnahmeprogramm Thüringens erstreckt sich auch auf Flüchtlinge aus Syrien, die keine syrische Staatsangehörigkeit haben, aber – oftmals seit Generationen – in Syrien leben. Andere Bundesländer (Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) haben ihre Aufnahmeprogramme hinsichtlich des Stichtags modifiziert und verlängert (siehe PRO ASYL – Info Syrien).
Diese Bundesländer haben vorgemacht, dass es weiterhin möglich ist, Länderprogramme aufzulegen und zu verlängern, wenn der politische Wille da ist. In Niedersachsen gab es zwar entsprechende eindeutige Erklärungen dazu, aber bislang keine Umsetzung. Wir erhalten weiterhin täglich Anrufe von besorgten Angehörigen aus Niedersachsen, die bereit und in der Lage sind, ihre Verwandten aufzunehmen, und die ihren in Not geratenen Angehörigen die Beschwernisse und Gefahren einer Flucht ersparen und dafür die Kosten der Aufnahme übernehmen wollen. Seit einem halben Jahr sagen wir ihnen, dass sie sich noch gedulden müssen, weil die Landesregierung noch immer keine Anschlussregelung getroffen hat.
Wir hoffen und wünschen uns als Weihnachtsgeschenk der Landesregierung, dass das Land Niedersachsen sich auf seine Zusagen besinnt und einem Aufnahmeprogramm zustimmt, das syrischen Flüchtlingen den gefährlichen Fluchtweg zu ihren Angehörigen erspart und die öffentlichen Kassen entlastet, da die Angehörigen ihren Teil zur Finanzierung der Aufnahme beitragen.
Karim Alwasiti
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