Rechtswidriger Abschiebungsversuch im LK Wesermarsch

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hat heute Dienstaufsichtsbeschwerde bei Landrat Höbrink über einen verantwortlichen Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Landkreises Wesermarsch wegen eines menschenunwürdigen und rechtswidrigen Abschiebungsversuchs erhoben, der glücklicherweise gescheitert ist.

Vater, Mutter und einer der beiden zu diesem Zeitpunkt sich zu Hause aufhaltenden Söhne der armenischen Familie M. wurden am Morgen des 15.12.08 gegen 6 Uhr ohne vorherige Ankündigung zu Hause von der Polizei abgeholt, um sie zum Frankfurter Flughafen zu fahren, von wo aus gegen 15 Uhr ein Flug nach Armenien gehen sollte. Den Flüchtlingen wurden ihre Handys abgenommen, und sie wurden gefesselt in das Auto gesetzt. Die Frage, ob sie ihre Rechtsanwältin anrufen könnten, wurde damit beantwortet, dass ihnen dies in Frankfurt erlaubt würde, vorher nicht. Nur weil der Abtransport beobachtet wurde und einer der beiden Söhne nicht dabei war, gelang es, die Anwältin noch rechtzeitig (gegen 7 Uhr) zu erreichen und die Abschiebung über das VG Oldenburg noch vor Frankfurt zu stoppen (gegen 12 Uhr). Bei einem Anruf erst aus Frankfurt wäre dies voraussichtlich nicht mehr möglich gewesen.

Ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde hatte der Familie M. noch am 20.11.2008 schriftlich mitgeteilt, dass eine Abschiebung „frühestens ab dem 01. Januar 2009“ erfolgen würde. Dennoch verständigte er bereits am 6.12.2008 das Landeskriminalamt und leitete so die Abschiebung ein, die durch das Verwaltungsgericht im letzten Moment verhindert werden konnte. In seinem die Abschiebung untersagenden Beschluss vom 15.12.2009 [Az. 11 B 3278/08] formuliert das Verwaltungsgericht Oldenburg unmissverständlich:

„Aus diesen Schreiben [der Ausländerbehörde] konnten die Antragsteller bei verständiger Würdigung … entnehmen, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung nicht vor dem genannten Termin durchgeführt wird, und sich folglich in ihren persönlichen Dispositionen hierauf einstellen“.

Die Frage, ob der Familie M. letztendlich ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zusteht, mag dahingestellt bleiben. Fakt ist jedoch, dass die Familie seit siebeneinhalb Jahren in Deutschland lebt und sich hier integriert hat. Die nach §60a Abs. 5 AufenthG vom LK Wesermarsch gesetzte Frist dient dem Zweck, dass die Betroffenen ihre persönlichen Verhältnisse ordnen und eine Rückkehr, wenn sie denn erzwungen werden soll, in Würde zu ermöglichen. Zu einem menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen gehört es, dass ein vorgesehener Abschiebungstermin den Betroffenen rechtzeitig und schriftlich mitgeteilt wird. Vollkommen indiskutabel und rechtswidrig ist es in jedem Fall, wenn noch vor Ablauf der den Betroffenen gesetzten Frist hinter ihrem Rücken die Abschiebung versucht und der Kontakt zu der Anwältin am Morgen der Abschiebung unterbunden wird.

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hat den Landrat Höbrink daher aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass auch im Landkreis Wesermarsch Recht und Gesetz beachtet und ein menschenwürdiger Umgang mit Flüchtlingen gepflegt wird.

gez. Kai Weber

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