Nach wir vor schiebt der deutsche Staat Schutzsuchende im Rahmen der sogenannten Dublin-Verordnungen nach Bulgarien ab. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) ist zwar im April von seiner drei Monate zuvor ausgesprochenen Empfehlung an die EU-Staaten abgerückt, keine keine Dublin-Überstellungen nach Bulgarien mehr zu tätigen, doch von einer dauerhaften Verbesserung der Situation für Flüchtlinge im Balkan-Staat kann keine Rede sein. Ein Bericht von Amnesty International macht in diesem Zusammenhang deutlich, dass die vom UNHCR gelobten scheinbaren Verbesserungen bei der Aufnahme der Asylsuchenden sowie der Bearbeitung ihrer Schutzgesuche, lediglich eintreten konnten, da die Zahl der Flüchtlinge in Bulgarien seit Januar stark zurückgegangen ist. Dies wiederum hing eng mit der Tatsache zusammen, dass Bulgarien seine Grenzen gegenüber Schutzsuchenden massiv abriegelte und auch vor völkerrechtswidrigen Zurückweisungen nicht zurückschreckt, um Asylverfahren zu verhindern. (siehe hierzu Amnesty-Bericht oder Stellungnahme von PRO ASYL).
Sowohl UNHCR als auch Amnesty sprechen in ihren jeweils im April erschienenden Berichten nach wie vor existierende alarmierende Zustände in bulgarischen Flüchtlingsunterkünften an. Dazu zählen u.a.: keine ausreichenden sanitären Anlagen, unzureichende Hygienezustände, teilweise Massenschlafsäle (UNHCR-Bericht), überfüllte Hallen, teils mangelnde elektrische Versorgung und Heizsysteme sowie ungenügende Versorgung von Kleinkindern (Amnesty-Bericht).
Wie menschenunwürdig die Unterbringung von Flüchtlingen in Bulgarien tatsächlich gestaltet ist, belegt ein Video, welches im April (also genau zu dem Zeitpunkt als das UNHCR meinte, dass Abschiebungen nach Bulgarien wieder aufgenommen werden könnten) von Flüchtlingen in der Unterkuft Voenna Rampa aufgenommen wurde. Es zeigt mehrere Familien, die auf engstem Raum zusammen in einem einzigen nicht beheizten Zimmer unterkommen müssen, welches als Aufenthaltsraum, Schlafzimmer und Küche herhalten muss. Vorhandene Heizkörper mussten sich die Flüchtlinge – ohne Unterstützung der bulgarischen Behörden – selbst anschaffen. Die von UNHCR gerügten Probleme bezüglich sanitärer Anlagen und hygienischer Zustände in den Unterkünften sehen dann in der Praxis so aus, dass Exkremente aus den Toiletten – aufgrund undichter Wasserleitungen – hinab in die darunter liegenden Duschen tropfen, wie das Video zeigt.
Die Alternative zu diesen skandalösen Zuständen in den Unterkünften ist für Flüchtlinge nur die Obdachlosigkeit. So berichtete uns die Rechtsanwältin Kareba Hagemann aus Göttingen, dass es das „Glück“ ihres Mandanten war, dass ein anderer Flüchtling aufgrund der klirrenden Kälte in seiner Parzelle erfroren war und er aus diesem Grund mit seiner Familie die Parzelle beziehen konnte. Sonst wären seine Familie und er auf der Straße gelandet. Der mittlerweile in Hannover lebende Yassin Abbas sprach davon, dass er währned seiner Zeit in bulgarischen Flüchtlingsunterkünften zusammen mit 200 Afrikaner:innen zusammengepfercht in eine Sammelzelle ohne sanitäre Einrichtungen gesperrt wurde, aus der nach 18 Uhr niemand mehr herauskam, nicht einmal um den Stuhlgang zu verichten.
All dies zeigt, dass tatsächliche Verbesserungen der Flüchtlingseinrichtungen in Bulgarien, die zu einer menschenwürdigen Unterbringung von Flüchtlingen beitragen, nicht stattgefunden haben und auch keinesfalls absehbar sind. Die EU ist gefordert, die katastrophalen Zustände der bulgarischen Flüchtlingsunterbringung (sowie der gesamten bulgarischen Flüchtlingspolitik) nicht länger zu akzeptieren. Seitens der Bundesregierung muss ein sofortiger Stopp sämtlicher Abschiebungen von Dublin-Fällen nach Bulgarien beschlossen werden.
Yannic Dyck
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