In der kommenden Woche werden zwei interessante Anträge im Niedersächsischen Landtag beraten:
- Am Mittwoch (25. Juni) findet ab ca. 18.15 Uhr die erste Beratung zum Antrag Medizinische Versorgung für Flüchtlinge in Niedersachsen sicherstellen statt.
- Am Freitag (27. Juni) findet ab ca. 15.05 Uhr die erste Beratung zum Antrag Familiennachzug syrischer Flüchtlinge in Niedersachsen statt.
Mit dem ersten Antrag fordert der Landtag die Landesregierung auf,
- für alle Leistungsberechtigten nach demAsylbLG für Leistungen nach den §§ 4 und 6 AsylbLG die Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte in Kooperation mit der GKV analog dem Bremer Modell zu prüfen.
- für Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus im Rahmen eines Modellversuchs einen „Anonymen Krankenschein“ in Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung und der medizinischen Flüchtlingshilfe in Hannover und Göttingen einzuführen, der diesem Personenkreis die Inanspruchnahme ärztlicher Versorgung ermöglicht, ohne dabei negative Konsequenzen fürchten zu müssen.
Beide Vorhaben werden seit langem vom Flüchtlingsrat gefordert und sind uneingeschränkt zu begrüßen!
In dem zweiten, überfraktionellen Entschließungsantrag geht es um Erleichterungen beim Familiennachzug von syrischen Flüchtlingen zu hier lebenden Angehörigen. Der Landtag begrüßt „die Absicht der Landesregierung, sich anderen Bundesländern wie Hessen und Nordrhein-Westfalen anzuschließen und Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Pflegebedürftigkeit und Behinderung im Sinne der §§ 4 und 6 AsylbLG von der Verpflichtungserklärung auszunehmen.“ Dieses finanzielle Risiko könne Angehörigen von Flüchtlingen aus Syrien in Anbetracht der dortigen gegenwärtigen Situation und der damit verbundenen Sorge um ihre Angehörigen nicht zugemutet werden, heißt es in der Resolution.
Der vorliegende Erlassentwurf sieht vor, dass es bei der umfassenden Verpflichtungserklärung bleibt, mit der hier lebende Familienangehörige sich verpflichten müssen, sämtliche Kosten – einschließlich der Kosten für eine Krankenversorgung – privat zu tragen. In einem ersten Schritt soll eine Befreiung von den Kosten der Krankenversorgung zunächst nur für die bis Mai 2014 aufgenommenen Flüchtlinge erfolgen. Verpflichtungsgeber:innen können auch nachträglich von ihren Verpflichtungen entbunden werden, wenn aus einer Krankenbehandlung noch Rechnungen zu begleichen sind. Für die später eingereisten Flüchtlinge wird eine Kostenbefreiung bei der Krankenversorgung für einen Zeitpunkt nach dem Beschluss eines Nachtragshaushalts im Herbst in Aussicht gestellt.
Es ist erfreulich, dass die Landesregierung hier schon mal einen ersten Schritt getan hat, um zusätzliche Kosten für eine Krankenversorgung von Flüchtlingen zu finanzieren, wenn diese Kosten nicht anderweitig aufgebracht werden konnten. Was wir darüber hinaus dringend bräuchten wäre eine progressive Regelung, die Familienangehörige und ihre Unterstützer:innen von vornherein von der Verpflichtung entbindet, auch für die Kosten der Krankenversorgung aufzukommen. Nur auf einer solchen Grundlage können die voraussichtlichen Kosten einer privaten Aufnahme seriös kalkuliert werden. Dies wäre die notwendige Voraussetzung dafür, dass nicht nur hier lebende Familienangehörige, sondern auch Dritte – also z.B. Unterstützerkreise oder Kirchengemeinden – Verpflichtungserklärungen abgeben können, ohne Gefahr zu laufen, sich bei einer schweren Erkrankung der aufgenommenen Flüchtlinge hoffnungslos zu verschulden. Zu fordern wäre also eine Umsetzung, wie sie auch im vom Entschließungsantrag zitierten Erlass in Nordrhein-Westfalen erfolgt ist:
„Um die finanzielle Belastung der sich verpflichtenden Person einzuschränken, wird der Umfang der abzugebenden Verpflichtungserklärung begrenzt. Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Pflegebedürftigkeit und Behinderung im Sinne der §§ 4, 6 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) werden von der Verpflichtungserklärung ausgenommen. Diese Leistungen sind nach §§ 4, 6 AsylbLG von den zuständigen Behörden zu gewähren. Der Nachranggrundsatz gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG greift insoweit nicht.“
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