Dramatisch sinkende Asylantragszahlen, eine minimale Anerkennungsquote im Asylverfahren, hemmungslose Abschiebungspraktiken und 130.000 seit Jahren nur geduldete Menschen in Deutschland “ so traurig sieht die Flüchtlingspolitik aus, mit der sich Deutschland im Jahr der Fußballweltmeisterschaft einmal mehr im humanitären Abseits verschanzt.
Auch nach über einem Jahr Zuwanderungsgesetz bleibt Deutschland für die meisten schutzsuchenden Menschen ein unerreichbares Ziel. An den Grenzen der „Festung Europa“ abgefangen oder im deutschen Asylverfahren abgelehnt und sozial ausgegrenzt. Ist denn das politische Bemühen, ihr Exil “ egal wie lang es dauern mag “ erfolgreich zu befristen, das einzige, was Flüchtlinge hierzulande zu erwarten haben? Auch denjenigen, die sich trotz fehlenden Aufenthaltsrechts inzwischen in Nachbarschaft, Schule und bisweilen auch in der Arbeitswelt integriert haben, wird eine Zukunft in Deutschland abgesprochen. Selbst seit Jahren asyl- und bleibeberechtigten Flüchtlingen droht zu Hunderttausenden künftig per Widerrufsverfahren die Rote Karte.
Und dennoch: Seit ihrer Gründung vor 20 Jahren ist die Lobbyorganisation PRO ASYL eine Stimme der bundesweiten Solidarität für Flüchtlinge, die seither die Abwehrstrategen in der Politik in Bewegung hält. Nicht nur in der Bleiberechtskampagne, die PRO ASYL im Bündnis mit Anderen ins Leben gerufen hat, beteiligen sich inzwischen zahlreiche Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft daran, die Forderung nach einer humanitären Lösung für Geduldete durchzusetzen. Sie haben inzwischen auch einige Fürsprecher in der Politik bekommen. Das macht Mut. Für PRO ASYL und Flüchtlingsräte bleibt die Umsetzung einer Bleiberechtsregelung im Aufenthaltsgesetz in diesem Jahr eines der dringlichsten Anliegen.
Insbesondere der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann hat sich neben seinem bayerischen Amtskollegen Günther Beckstein als bundesweit hartnäckigster Blockierer einer Bleiberechtsregelung erwiesen. Die brutale Politik des Christdemokraten Schünemann gegenüber Flüchtlingen spricht christlichen, humanitären Prinzipien Hohn. Seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren sind überfallartige Abschiebungen im Morgengrauen an der Tagesordnung. Gut integrierte Flüchtlingskinder werden aus ihrem sozialen Umfeld gerissen, seit Jahren in Deutschland lebende Eheleute getrennt, Familien zerstört. Nicht die Menschenwürde, sondern die Zahl der vollzogenen Abschiebungen setzt den offiziellen Maßstab für des Handeln der Ausländerbehörden. Dagegen regt sich zunehmend Protest. Die im März 2006 beschlossene Einrichtung einer Härtefallkommission im Niedersächsischen Landtag ist ein erstes positives Signal. Dabei darf es jedoch nicht bleiben!
PRO ASYL und Flüchtlingsräte sind sich einig: Im Jahr der Fußballweltmeisterschaft muss endlich die Devise gelten: lieber Tore schießen, als Tore schließen! Deshalb gilt zum Tag des Flüchtlings 2006 einmal mehr das Motto: Hier geblieben! Recht auf Bleiberecht, raus aus dem Abseits “ damit Deutschland beim Flüchtlingsschutz kein Eigentor schießt!
Achim Beinsen, Hildesheim, April 2006