Entschließung der Landessynode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers gegen die Abschiebung von Roma in die Republik Kosovo

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AKTENSTÜCKE DER 24. LANDESSYNODE NR. 69

U r a n t r a g der Synodalen Ebritsch u.a.

betr. Entschließung der Landessynode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers gegen die Abschiebung von Roma in die Republik Kosovo

Hannover, 4. Juni 2010

Aus aktuellem Anlass verabschiedet die Landessynode die in der Anlage beigefügte Entschließung gegen die Abschiebung von Roma in die Republik Kosovo. Das Landeskirchenamt wird gebeten, für eine angemessene Verbreitung der Entschließung zu sorgen.

Wortführer: Ebritsch

Mitunterzeichnende Mitglieder der Landessynode: Bade, G.-M. Meyer, P. Meyer, Sundermann

Nachfolgend die Entschließung im Wortlaut:

Entschließung der Landessynode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers gegen die Abschiebung von Roma in die Republik Kosovo

Etwa 10 000 ausreisepflichtige Roma aus dem Kosovo leben in Deutschland (vgl. Bundestagsdrucksache 17/423), davon mindestens 2 000 in Niedersachsen, teilweise schon seit 15 oder mehr Jahren.

Seit dem Abschluss des „Rückübernahme-Abkommens“ der deutschen Länderinnenminister mit der Regierung Kosovos Ende September 2009 betreibt Deutschland und somit auch Niedersachsen deren Abschiebung. Betroffen sind auch viele gut integrierte Familien mit Kindern, die hier geboren sind.

Experten warnen: Eine zwangsweise Rückführung unter dem Motto: „Geht zurück und kümmert euch um euch selbst“ sei nicht zumutbar! Vor allem für die Kinder und Jugendlichen, die in Deutschland geboren und sozialisiert wurden, wäre die Abschiebung in ein Land, das sie nicht kennen und dessen Sprache sie nicht oder nur unzureichend beherrschen, ein traumatisches Erlebnis.

Übereinstimmende, erschreckende Berichte von Experten, Menschenrechtsorganisationen, zurückgekehrten Flüchtlingen und Journalisten machen deutlich, dass im Kosovo der Schutz von Minderheiten nur unzureichend gewährleistet ist. Selbst wenn offiziell der Kosovo inzwischen wieder als friedliche Region eingestuft wird, bleibt das Problem der Unterdrückung von Minderheiten bestehen.

Bisher war allgemein anerkannt, dass eine Rückkehr von Roma in den Kosovo wegen der für sie unmenschlichen Bedingungen unmöglich ist. Deshalb ist auf Abschiebungen von Roma in den letzten Jahren verzichtet worden. Es ist nicht anzunehmen, dass sich die Bedingungen für diese Minderheit aufgrund eines Rückübernahmeabkommens von einem Tag auf den anderen signifikant verbessert haben. Insofern ist es nicht nachvollziehbar, dass nun Abschiebungen in großem Umfang durchgeführt werden.

Unabhängige Beobachter wie der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR = United Nations High Commissioner for Refugees) und der Menschenrechtskommissar der EU bewerten die Situation der Roma im Kosovo weiterhin als sehr kritisch und haben mehrfach an die Bundesregierung appelliert, die Abschiebungen zu stoppen.

Die Abschiebungen zerstören den Zusammenhalt und das Glück vieler Familien; sie vernichten die beruflichen Perspektiven besonders der jungen Leute, die eine Abschiebung in ein für sie fremdes Land als Vertreibung erleben.

Auch aufgrund der vermehrten Schutzgesuche von ausreisepflichtigen Roma-Flüchtlingen an Kirchengemeinden der hannoverschen Landeskirche appelliert die Landessynode an die politisch Verantwortlichen und bittet die zuständigen Gremien und Mandatsträger dafür einzutreten, dass durch Verordnung oder Gesetz den hier lebenden Roma mit Herkunft aus der heutigen Republik Kosovo ein rechtmäßiger Aufenthalt aus humanitären Gründen gewährt wird.

Die Landessynode bittet den Innenminister des Landes Niedersachsen, sein Recht aus § 60 a des Aufenthaltsgesetzes verstärkt wahrzunehmen und Abschiebungen von Roma, insbesondere von Roma-Familien und von Angehörigen andere ethnischer Minderheiten in die Republik Kosovo auszusetzen.

Am 5.6.2010 einstimmig beschlossen

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